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Der ausverkaufte Festsaal der Gertrud Luckner Gewerbeschule.
Foto: Silas Bosbach

Das Konzert am 12. November 2015

Begleitend zur Ausstellung Gurs fand am 12.11.2015 das Konzert „Poesie aus einem verborgenen Matriarchat – die Frau im Jiddischen Lied und Gedicht“ – statt. Veranstalter waren die Geschichtswerkstatt der Lessing Realschule und die Gertrud-Luckner-Bibliothek.

Das Trio Hanno Botsch vermittelte in den Räumen der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule in einer musikalisch-poetischen Zeitreise, wie jüdische Frauen durch die Jahrhunderte die Gesellschaften im europäischen Raum mitgeprägt haben. Hanno Botsch wurde begleitet von der Sängerin Dorothea Baltzer sowie dem Bassisten Andreas Buchholz.

Die Schülerinnen Fiorella V., Jonnika J. und Zoe G. an der Kasse (v.l.).
Foto: Silas Bosbach
Das Team von Lessing-TV produziert ein Video.
Foto: Silas Bosbach

Im ausverkauften Festsaal der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule wurden während des Konzerts Bilder der Geschichtswerkstatt  an die Leinwand projiziert.

In der Pause gab es Wein, koscheres Brot aus der Bäckerei Lienhart und Homen-Taschen, ein Gebäck, das in einem der Lieder besungen wurde.

Einlass und Kasse wurden von den Schülerinnen Fiorella V., Jonnika J. und Zoe G., aus der Geschichtswerkstatt organisiert.

Unter der Leitung von Irene Heinzelmann erstellte Lessing-TV ein sechs-minütiges Video von dem Konzert mit den Kameramännern Malte K., Paul K. und Niklas D., aus der Klasse 8b.

Franz Brockmeyer eröffnet das Konzert.
Foto: Silas Bosbach

Franz Brockmeyer, Leiter der Gertrud-Luckner-Bibliothek, begrüßte das Publikum. Die Gertrud-Luckner-Bibliothek, die von Franz  Brockmeyer mit aufgebaut wurde, gedenkt heute an die Judenretterin und Stille Heldin Gertrud Luckner.

Auszüge aus der Begrüßungsrede von Franz Brockmeyer:
„Guten Abend meine Damen und Herren,
die Geschichtswerkstatt der Lessing-Realschule und die Gertrud-Luckner-Bibliothek, für die ich spreche, begrüßen Sie ganz herzlich zu einem außergewöhnlichen Abendkonzert. Unsere beiden Institutionen haben einander gefunden in ihren gemeinsamen Anliegen.
Auf zwei fundamentale Schwerpunkte in Gertrud Luckners Lebenswerk möchte ich Sie hinweisen:
Das ist einmal ihre furchtlose Widerstandstätigkeit in der unermüdlichen Hilfe für Verfolgte und Flüchtlinge - zwischen 1933 und 1943, dem Jahr ihrer Verhaftung waren das vor allem Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens –, die Frage, ob „wir das schaffen“ stellte sie sich jedenfalls nicht.
Zum anderen ist es nach dem Krieg Gertrud Luckners rastlose Arbeit für den christlich-jüdischen Dialog und ein besseres, vorurteilsfreies Verstehen jüdischen Lebens.
In ein Land dieser so bunten jüdischen Welt werden uns heute Abend die drei Künstler Dorothea Baltzer (Gesang und Rezitation), Hanno Botsch (Klavier und Violine) und Andreas Buchholz (Bass) entführen. Freuen Sie sich auf diese Reise!“

Die Leiterin der Geschichts-Werkstatt, Rosita Dienst-Demuth, bei der Begrüßung.
Foto: Silas Bosbach

Danach begrüßte die Leiterin der Geschichtswerkstatt, Rosita Dienst-Demuth, die anwesenden Gäste.

Auszüge aus der Begrüßungsrede von Rosita Dienst-Demuth:
„… Vor genau 75 Jahren sind fast 70 Kinder der Zwangsschule und ihre Lehrer und Familien mit über 6.500 weiteren Juden nach Gurs deportiert worden.
Das Jahr 2015 ist also ein bedeutendes Gedenkjahr. Deshalb gibt es eine Gurs-Ausstellung in der Sparkasse und dieses Konzert – diese poetische Zeitreise. Sie soll uns die Kultur, die über Jahrhunderte europäische Gesellschaften mitgeprägt und bereichert hat, näherbringen - die Kultur, die vor 75 Jahren verfolgt und vernichtet wurde. Das spezielle Thema ist die Frau im jiddischen Lied und Gedicht. Dafür möchte ich dem Künstler danken, der Jahrzehnte lang diese Kultur erforscht hat und uns heute an seiner – wie er selbst sagt – Liebeserklärung an die vernichtete Kultur – teilhaben lässt.
Dieser Abend ist also von zwei benachbarten Schulen organisiert, die jede auf Ihre Weise Erinnerungsarbeit macht: Die Geschichtswerkstatt hat die Zwangsschule für jüdische Kinder aus der Vergessenheit geholt. Wir pflegen viele Kontakte in sechs Länder. Welche Schnittmenge gibt es nun in unserer beiderseitigen Erinnerungsarbeit?
Den Kontakt zu Else Geismar-Pripis von Emmendingen will ich Ihnen vorstellen, denn sie hat uns schon vor 12 Jahren von Gertrud Luckner erzählt. Deshalb haben wir diese eine Kurzbiografie draußen für alle Interessierten  ausgestellt. Was es mit dieser Beziehung zu Gertrud Luckner auf sich hatte, wollten wir genauer wissen und haben sie letztes Wochenende in Jerusalem angerufen:
Die fast 90-Jährige lässt alle herzlich grüßen und wünscht uns einen wunderbaren Abend.
Außerdem offenbarte sie uns eine rührende,
natürlich traurige und fast unheimliche Geschichte, die die Mitglieder der Geschichtswerkstatt Lukas Z. und Irina Jug jetzt vortragen werden.“

Lukas Z. und Irina Jug vor der Übergabe der Postkarte von Getrud Luckner.
Foto: Silas Bosbach
Rückseite der Postkarte von Else Geismar.
Privatarchiv Else Geismar-Pripis
Vorderseite der Postkarte von Else Geismar.
Privatarchiv Else Geismar-Pripis

Vor der Übergabe eines Ausdrucks der Postkarte an Franz Brockmeyer berichteten der Schüler Lukas Z. und die Referendarin Irina Jug über die Hintergründe und den Weg dieser Karte mit Stationen in Thersienstadt, Jerusalem und Freiburg. Die Original-Postkarte ist in der Ausstellung "Nationalsozialismus in Freiburg" im Augustinermuseum zu sehen.

Lukas Z.: Else Pripis war Schülerin der jüdischen Schulabteilung in der Lessingschule. Sie hat durch viele Zufälle drei Jahre Konzentrationslager in Theresienstadt überlebt. Aus diesem Konzentrationslager schrieb sie Gertrud Luckner im Oktober 1943 eine Postkarte nach Freiburg in die Landsknechtstraße Nr. 5. Diese Postkarte kam nach ein paar Wochen wieder in das KZ-Theresienstadt zurück! Was war geschehen?“

Irina Jug: „Gertrud Luckner war wegen ihrer „staatsfeindlichen“ Hilfsaktionen inzwischen verhaftet worden und ins Frauen-Konzentrationslager-Ravensbrück verschleppt. Sie konnte die Postkarte nicht mehr erhalten. Die Postkarte wurde wieder zurückgeschickt ins KZ Theresienstadt, wo sich Else Pripis große Sorgen machte über Gertrud Luckner – und vor allem über ihren Bruder Alfred – zu Recht: Er war schon viele Monate tot. Else Geismar-Pripis hat diese Postkarte heute noch mit vielen anderen Dokumenten sorgfältig aufbewahrt.“

Lukas Z.: „Die fast 90-Jährige freute sich über unser Interesse und veranlasste, dass Ihr Enkel – Uri Pripis die Karte einscannte. Gleich am nächsten Tag des Telefonats hatte Frau Dienst-Demuth die Karte auf ihrem Computer.“

Irina Jug: „Wir dürfen die Karte Ihnen, lieber Herr Brockmeyer, für ihr Archiv in der Getrud Luckner Bibliothek übergeben – mit den herzlichsten Grüßen unserer ehemaligen jüdischen Schülerin Else Geismar-Pripis aus Emmendingen – im Exil in Jerusalem.“

Eindrücke von dem Konzert

 
 
 

alle Fotos: Silas Bosbach